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Die Vorteile und Nachteile von CRISPR/Cas9


CRISPR/Cas9: Die Schere, die unsere Zukunft sichert

Was wäre, wenn alles, was du jetzt kennst, verschwindet? Wenn von den Pflanzen, die wir als Nahrung brauchen, nichts weiter übrig ist, als ein vertrockneter Stängel? Was wäre, wenn wir uns dem Klimawandel anpassen können, aber unsere Umwelt es nicht kann? Was wäre, wenn Krankheiten, die wir noch nie zuvor gesehen haben, einen Grossteil der Menschheit infizieren? Was wäre, wenn es eine mögliche Chance gibt, uns schneller an die Veränderungen der Welt anzupassen… und wir es schaffen mit unserer Umgebung das gleiche zu tun? Die Chance gibt es bereits, bekannt unter dem Namen CRISPR/Cas9. 

aha-Jugendreporter Jannis Matt

Die Entdeckung von CRISPR

So wie Menschen, haben auch Bakterien ein Immunsystem. Ein Teil dieses Immunsystems ist CRISPR. Nehmen wir an, ein Bakterium wird von einem Virus angegriffen und das Bakterium überlebt diesen Angriff. Dann schnappt sich CRISPR einen Teil des Virus-Genoms, also das Erbgut des Virus, und fügt ihn im Genom des Bakteriums hinzu. Das Ganze wird dann in die RNA übersetzt (CrRNA= CRISPR RNA). Wenn also ein weiterer Angriff des Virus auf das Bakterium stattfindet, produziert der Genveränderte Teil des Bakteriums Proteine (Cas-Proteine). Mit Hilfe dieser Proteine kann das Virus erkannt, ausgeschnitten und unschädlich gemacht werden.  

 

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Illustration: Jannis Matt

Das System kann man mit der heutigen Gesichtserkennung vergleichen, einmal gespeichert wird ein Virus, bei erneutem Angriff, schnell eliminiert. Dieser Prozess innerhalb der Bakterien fiel im Jahr 1987 japanischen Forscher*innen das erste Mal auf. Gefunden hat man CRIPSPR in dem Darmbakterium E. coli, später auch in vielen anderen Bakterien (45%) und Archaeen (87%).  

Während des Jahreswechsels von 2012 auf 2013 entwickelten die Wissenschaftlerinnen Jennifer Doudna und Emmanuelle Charpentier, die bis heute erfolgreichste Form von CRISPR, genannt CRISPR/Cas9. Für ihre Entdeckung gewannen die Molekularbiologinnen 2020 den Chemie-Nobelpreis. 

 

Ein kurzer Ausflug durch das Erbgut 

Bevor man CRISPR/Cas9 verstehen kann, muss man zuerst das verstehen, was es verändert; die DNS.  Beginnen wir am Anfang.

Genome, auch Erbgut genannt, fassen alle Erbinformationen innerhalb einer Zelle zusammen (Chromosomen, DNS und RNA). Die Chromosomen sind mittig eines Zellkerns vorhanden. Sie enthalten die DNS (Desoxyribonukleinsäure; engl. DNA). Die DNS ist die Trägerin der Erbgutinformationen. Auf ihr liegen die Gene. Sie beschreiben die Abschnitte auf der DNS, welche für Herstellung von RNA assoziierten Eiweissen verantwortlich sind. Die Merkmale eines Lebwesens werden durch ebendiese Gene bestimmt. Ribonukleinsäure kurz RNA genannt ist in den meisten Fällen als «Bauplan» für die Eiweisse vorhanden. Die RNA ist ein wichtiger Bestandteil in der Proteinbiosynthese. Es gibt auch RNA, die für die Kommunikation innerhalb der Zelle verantwortlich sind, z.B. mRNA; sie übermitteln Informationen zwischen Zellkern und Ribosomen. Die Erbinformation ist in einem genetischen Code gespeichert. Zur Entschlüsselung/ Übersetzung (Translation) dieses Codes werden die Ribosomen benötigt. 

 

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Illustration: Jannis Matt

Zuerst zur Transkription: Die Informationen in der DNS werden mit Hilfe der Abstände in der Basenanordnung gemacht. Die Transkription ist nun dafür zuständig, dass die in der DNS verschlüsselten Informationen in RNA umgewandelt (transkribiert) werden. In der Übersetzung folgt der zweite Schritt. Informationen werden hier mit Hilfe von mRNA-Verschlüsselung einem Ribosomen weitergegeben. Dieser weiss durch die erhaltene Information nun die Anordnung der Aminosäuren und welche Typen Aminosäuren er verbinden muss.

Nun erfolgt ein weiterer Vorgang: die Proteinsynthese. Wie bereits erwähnt, werden Aminosäuren miteinander verbunden. Wenn eine solche Aneinander Bindung mehrerer Aminosäuren vollendet ist, entsteht eine Kette, die man Protein nennt. Sobald das Protein fertig ist, faltet es sich zu einer 3D Struktur zusammen. Je nachdem wie die Struktur gefaltet ist, wir eine andere Funktion des Proteins im Körper bestimmt.  Zu guter Letzt: Die Replikation. Im Zellkern ist die DNS enthalten. Damit ein Lebewesen aber auch wachsen kann muss eine Zellteilung (Replikation) stattfinden. Die Originalzelle verdoppelt sich also während der Zellteilung. Nach der Teilung verbinden sich an jedem Strang Basen aus der Nähe. Nach dem Abschluss der Prozedur existieren nun zwei identische doppelsträngige DNS-Moleküle und eine neue Zelle.  

 

Mutationen in den Genen 

Auch ein so ausgeklügeltes System wie unser Körper ist nicht perfekt. So passiert es, dass hin und wieder ein Basenpaar falsch angeordnet ist. Eigentlich nichts schlimmes, denn unser Körper, sowie viele andere Lebewesen, besitzen Zellen mit einer «Korrekturfunktion». Damit kann eine Zelle bei einer Entdeckung eines Fehlers diesen korrigieren. In unserem Beispiel werden die Basenpaare also wieder richtig angeordnet. Eine geringfügige DNS-Variation taucht bei den meisten Menschen auf. Viele dieser Variationen wirken sich auf ihre Nachfolgenden Zellen und deren Genkopien jedoch nicht aus und Schaden einem nicht. Es kann allerdings vorkommen, dass ein Fehler in nachfolgenden Kopien eingebaut wird. In diesem Fall spricht man dann von einer Mutation. 

Mutationen können innerhalb einer Familie oder lediglich bei einer Person einmalig sein. Viele der schädlichen Mutationen sind selten. Dennoch gibt es Mutationen, die häufiger als bei 1% der Menschheit auftauchen. Man nennt sie Polymorphismen. Die meisten von uns haben mindestens eine davon in sich. Nämlich ihre Blutgruppe also: A, B, AB oder 0. Wie jeder weiss, ist die Blutgruppe alles andere als schädlich für uns und so ist es auch mit den meisten anderen Polymorphismen.  

Wie in vielen Dingen, gibt es auch hier Ausnahmen.  Mutationen variieren in verschiedenen Dingen: 

  • Grösse 
  • Ort im Körper 
  • Veränderung in der Aminosäuren Sequenz/ Art -> Veränderung eines Proteins 

Da die Aminosäuren ein Teil der Proteinproduktion sind, kann ein kleiner Fehler schon zu einem grossen Schaden werden. Sollte z.B. eine falsche Aminosäure eingebaut werden, kann es passieren, dass das Protein nicht produziert werden kann. Die Phenylketonurie – eine der häufigsten genetisch bedingten Krankheiten – sorgt dafür, dass die Aminosäure Phenylanin (durch Nahrung aufnehmbar) nicht aufgenommen werden kann. Die Ansammlung der Aminosäure kann bei einem Menschen zu einer schweren geistigen Behinderung führen. 

 

Evolution- die Vorteilhafte Seite der Mutationen 

Vor Millionen von Jahren sah der Mensch noch ganz anders aus.  Eine andere Schädelform, eine stärkere Behaarung und ganz andere Krankheiten. Im Laufe der Zeit entwickelte sich der Mensch so weit, dass er ein stabiles Immunsystem aufgebaut hatte und Krankheiten im Inneren Bekämpfen konnte. Noch heute tragen wir ein solches Immunsystem in uns und dies verdanken wir der Evolution.  

Nehmen wir ein Beispiel:  die Sichelzellkrankheit. Sie entsteht nur, wenn beide Elternteile jeweils ein rezessives Gen für die Erkrankung ihrem Kind vererben. Die Krankheit verursacht bei dem Kind Symptome, die zur Verkürzung seines Lebens führen können.  Sollte das Kind jedoch nur eines dieser rezessiven Gene erhalten, entwickelt es eine Art Schutz gegen Malaria (eine Blutinfektion) und hilft ihm so, zu überleben. 

Die Natürliche Selektion ist ein Konzept, welches sich auf die Wahrscheinlichkeit stützt, dass Mutationen, die unsere Überlebenschance verschlechtern, selten auf Nachkommen übertragen werden. Mutationen, die jedoch das Überleben sichern und die Chancen verbessern, kommen zuerst selten und dann immer häufiger vor. Sollten «gute» Mutation häufiger, in mehreren Populationen vorfindbar sein, bezeichnet man sie als Evolution. 

 

CRISPR/Cas 9 und seine Anwendungsbereiche 

CRISPR eine neue Heilmethode 

Als CRISPR entdeckt wurde war schnell klar, dass es sowohl gute als auch nochmal zu überdenkende Auswirkungen haben würde.  

Nehmen wir an, du wachst am Morgen auf und kannst dich nicht bewegen. Deine Füsse funktionieren nicht mehr und alles, was du tun kannst, ist zum Arzt gebracht zu werden. Nach langen Tagen des Wartens die Diagnose: Du hast eine seltene unheilbare Genkrankheit.  So ähnlich geht es manchen Menschen. Durch CRISPR/Cas9 gibt es jedoch die Chance auf Heilung. Doch wie heilt CRISPR/Cas9 eine bis dato unheilbare Krankheit? 

Was CRISPR im Prozess der Heilung macht, ist ziemlich simple und dennoch kompliziert zu erklären, deshalb; Eine vereinfachte Darstellung des Prozesses.  CRISPR/Cas9 kann also gezielt darauf programmiert werden, ein bestimmtes «Wort» aus unseren Genen auszuschneiden und zu verändern. Dabei gibt es auch Nachteile.  

 

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Illustration: Jannis Matt

Da CRISPR eine neue Heilmethode ist, kann es teilweise Jahre brauchen bis CRISPR richtig programmiert ist. Für den Patienten wiederum bedeutet dies den möglichen Tod. Trotzdem können die Wissenschaftler CRISPR nicht schneller programmieren, denn sollte auch nur eine kleine Chance vorhanden sein, dass es z.B. neue Mutationen hervorruft, weil es falsch andockt, dürfen sie es einem Menschen nicht verabreichen.  Dazu kommt, dass diese Methode in vielen Staaten noch nicht erlaubt ist. In Deutschland, der Schweiz und Liechtenstein ist der Eingriff in das Menschliche Erbgut verboten, somit auch CRISPR. In den USA, Kanada, Brasilien, Argentinien und Australien erlaubt.  

 

Geneditierte Babys 

Ende November 2018 wurde in den Medien über die ersten CRISPR-Babys der Welt diskutiert. He Jiankui, der Forscher, der hinter den geneditierten Babys steckte, hatte zwar einen Forschungsbericht geschrieben, dieser wurde jedoch nur teilweise veröffentlicht. In den Teilen des veröffentlichen Forschungsberichtes, beschrieb Jiankui wie er die Gene der Zwillinge so veränderte, dass sie vor einer HIF-Infektion geschützt sind. Nach Aussagen einiger Experten auf dem Gebiet, kann man beim Editieren eines Embryos nie ganz klar sagen, ob CRISPR da angesetzt hat, wo es sollte. Kurz gesagt, ob die Babys nun tatsächlich gegen HIF geschützt sind, ist fragwürdig. 

Die Babys haben aber auch eine andere Frage aufgeworfen, und zwar auf der ethischen Ebene. Können wir als Gesellschaft, als Menschen, uns auf moralischer und ethischer Weise erlauben, die Genome unserer Kinder zu editieren? Welche Gefahren birgt sowas?  Was ist, wenn die Kinder von morgen zu perfekt sind? Dazu kann man nicht viel sagen, im Endeffekt birgt CRISPR den Vorteil Genkrankheiten zu heilen, auf der anderen Seite ist es eine der mächtigsten Waffen der heutigen Zeit. Die Frage, ob es moralisch und ethisch nun okay ist, muss jeder selbst beantworten. 

 

Von CRISPR-Babys zu CRISPR-Pflanzen 

Der Klimawandel beschleunigt sich immer mehr. Lange Trockenheit, Überschwemmungen, der Boden enthält keine Nährstoffe mehr und unsere Pflanzen können nicht mehr wachsen. So kann unsere Zukunft aussehen. Als Mensch passen wir uns schneller den Veränderungen an, doch Pflanzen sind gerne beständig. Um sich zu verändern und anzupassen, brauchen sie Zeit, viel Zeit. Mit Hilfe von CRISPR könnte man diesen Prozess um ein Vielfaches beschleunigen.  Pflanzen könnte man gegen Schädlinge schützen, ihren Früchten mehr Volumen, mehr Süsse, mehr Ernte geben und wir hätten auf der ganzen Welt keine Hungersnöte mehr!

Wie schnell geht eine solche Editierung von Pflanzen wirklich? Besitzen die Früchte noch die Nährstoffe, die wir von ihnen brauchen? Wird die Tierwelt geneditierte Pflanzen akzeptieren und als Nahrungsquelle betrachten? * Rotten wir mit einer zu schnellen Züchtung von CRISPR-Pflanzen vielleicht den wenigen Restbestand von gefährdeten Tierarten aus? * Werden unsere gezüchteten Pflanzen einen Schaden anrichten, der nicht mehr rückgängig machbar ist? Diese Fragen sind nur schwer zu beantworten. 

*(gewisse Tiere (z.B. Koalas) sind wählerische Esser und ernähren sich nur von Ihnen auserwählten Pflanzen) 

Dennoch, die USA haben bereits mit der Einführung von CRISPR-editierten Pflanzen begonnen. Da geneditierte Pflanzen dort als Züchtungspflanzen zählen, müssen sie auch nicht gekennzeichnet werden. 

 

Zusammenfassung

CRISPR selbst ist ein neues, interessantes Tool, um uns in unserer Zukunft zu helfen. So wie es Vorteile bringt, bringt es auch Nachteile. Ob und wie die Wissenschaft, Politik und Gesellschaft CRISPR in Zukunft nutzen will ist noch offen. Sollte die Wissenschaft auf neue Erkenntnisse kommen, kann uns CRISPR helfen auch bei verstärkten klimabedingten Wetterereignissen zu überleben. Vielleicht kann uns CRISPR auch dabei helfen, ausgestorbene Arten wieder zum Leben zu erwecken. Über CRISPR/cas9 wurde zwar in den Medien berichtet, aber eine breite Diskussion, wie wir es nutzen wollen, ging sowohl an der Gesellschaft, als auch der Politik vorbei. In der Quellenangabe sind einige Dokumentationen zu CRISPR verlinkt und auch die Quellen, aus denen alle im Artikel genannten Informationen bezogen sind. Sollten Unstimmigkeiten vorhanden sein, entschuldige ich mich dafür und werde diese ausbessern.   

 

Quellen:

 




Zuletzt aktualisiert: 09/2023
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